Sonntag, 26. August 2012

Nils Kägi: Druckstabile Ruder

Seitenruder nach dem Entfernen einer Beplankungsseite
Bei vielen Modellen in Holzbauweise sind die Ruder in voll beplankter Rippenbauweise erstellt, so auch bei meinem 3 Meter Big-Lift, den ich als gebrauchtes Modell erworben habe. Diese Bauweise hat aber wie ich finde einen großen Nachteil: Wenn man diese Bauteile unvorsichtig anfasst, drückt man die Beplankung ein. Da mir der Bau neuer Ruder in Styro-Balsa-Bauweise aber zu aufwändig war, beschloss ich, Depron in die vorhandenen Ruder einzubauen.
Zuerst entfernt man eine Seite der Beplankung (sinnvollerweise die, an der mehr Schäden vorhanden sind) mit dem Balsamesser. In meinem Fall setzte ich auch noch einen Klotz aus Kiefernholz als Aufnahme für das Ruderhorn ein.
Eingesetzte Depronstücke
Anschließend schneidet man aus Depron Stücke, die in die Felder zwischen den Rippen passen. Die Depronfüllungen werden mit Weißleim eingeklebt, dazu ist es aber nicht nötig, die komplette Fläche einzustreichen, ein paar Klebepunkte reichen vollkommen aus. Sobald der Leim fest ist, kann das Depron mit dem Schleifklotz der Form der Rippen angepasst werden. Nach dem Verschleifen des Deprons muss  nur noch die Beplankung aufgebracht und verschliffen werden. Durch diese Maßnahme, die beim Bau eines solchen Modells nebenher erledigt werden kann, ist das Ruder jetzt Druckfest und das Gewicht ist auch nicht besonders gestiegen: Das verstärkte Seitenruder wiegt trotz des großen Kiefernklotzes nur 100 Gramm, was bei einem 3 Meter Modell vollkommen in Ordnung ist.
Das neue druckstabile Seitenruder

Dienstag, 21. August 2012

FPV, wie wird es weitergehen?

Karikatur von Klaus Heilmann, www.kunstmalstudio.de
In meinem letzen Beitrag zum Thema „FPV“ haben wir uns mit der Frage beschäftigt, warum es FPV überhaupt gibt? Selbstverständlich schreitet die technische Entwicklung weiter voran, die Systeme werden ausgefeilter, sicherer und ganz gewiss auch günstiger. Wohin mag die Reise wohl weitergehen? Nun, die Zukunft könnte vielleicht so aussehen:

Während unser FPV-Pilot noch schlafend im Bett liegt, war sein PC bereits aktiv. Via Internet besorgte er sich schon die aktuellen Wetterdaten und kam zu dem Ergebnis, dass ein gefahrloses Fliegen möglich wäre. Im nächsten Schritt aktivierte er die WLAN-Verbindung zum Bordcomputer des Autos. Die gewonnenen Daten über den Tankstand ermöglichten in Verbindung mit Google-Earth die Suche nach einer optimalen Startstelle für den nächsten FPV-Flug. Alternativ würde eine Strecke zur nächsten günstigsten Tankstelle auf dem Weg zum Startplatz vorbereitet. Nachdem ebenfalls per WLAN die optimale Akkuladung im Flugzeug verifiziert worden ist, erfolgt direkt nach Sonnenaufgang eine Aktivierung des Summers, der im Flug zusätzlich den Akkustand überwacht. Wie nicht anders zu erwarten, wird unser Pilot mit seiner Lieblingsmelodie geweckt, die ähnlich wie ein Jamba-Klingelton aus den Tiefen des Internets heruntergeladen worden war.
Noch bevor unser Pilot die gesamte technische Ausrüstung in seinem Wagen verstaut hat, speiste der PC bereits das Navigationssystem des Bordcomputers mit der Fahrtstrecke zum Startplatz. Dort angekommen, lässt sich der PC nochmals die von ihm empfohlene Flugroute durch eine Vorschau vom Piloten bestätigen. Änderungswünsche werden zwar angenommen, doch bevor nicht alle Hindernisse berücksichtigt worden sind, gibt der Computer keine Flugfreigabe.
Nach dem Start, den der Pilot noch selbst ausführen muss (an diesem Manko wird noch entwickelt!) erfolgt die Flugüberwachung per GPS-Navigation. Der Computer übernimmt damit gänzlich die Steuerung, der „Laptop-Pilot“ schaut sich die Filmaufzeichnung als Zaungast an. Und das Beste: Die Film wird in Echtzeit über die Freundeskontakte bei einem sozialen Netzwerk zugänglich gemacht, die selbstverständlich rechtzeitig informiert worden sind. Über das im Monitor eingebaute Mikrofon kann man sich nun über die hübschen Bilder austauschen.
Schöne neue Welt, die noch in weiter Ferne liegt? Mir läuft es bei einer solchen Vorstellung eiskalt den Rücken hinunter, denn in vielen Bereichen sind wir bereits nicht mehr weit davon entfernt. Die technischen Möglichkeiten stehen uns schon jetzt zur Verfügung: Satellitennavigation, Flugkörper, die ihr Ziel auf diesem Wege und durch Bodenfolgeradar finden, unbemannte Aufklärungsdrohnen, virtuelle Welten, etc. … Schließlich bliebe noch eine letzte Frage zu klären:

Was hat das dann noch mit Modellfliegerei zu tun?

Freitag, 10. August 2012

Werner Stoff: Die Lady

Ruhe, Ruhe und wieder Ruhe. Nach über zweistündiger Kassiertätigkeit bei einem Verein anderer Art war ich ziemlich fertig.  Ich schleppte mich vom Stammtisch in den angrenzenden Schankraum und wollte mal was Alkoholisches trinken.  Mein kellnernder Neffe grinste mich an und fragte überflüssigerweise – er hatte das passende Leerglas schon in der Hand – was ich nun trinken wolle.
„Bitte einen weißen Spritzer“, brachte ich noch so halbwegs hervor. Argwöhnisch ließ ich meinen Blick in dem zu dieser Stunde nur noch halbvollen Schankraum schweifen. Ein paar Bekannte und augenscheinlich keine Personen, welche mir ein Gespräch aufzwängen wollten. Nach einem Unglücksfall hatte ich ein reduziertes Gehörvermögen kombiniert mit einem nervigen Tinnitus und deshalb dieses eklatante Ruhebedürfnis. Meinem Neffen und den meisten bekannten Anwesenden war mein akustisches Defizit  bekannt und  akzeptierten meine Entspannungsphasen nach den stressigen Vereinsabenden. Wir lachten gerade über ein Blödelprodukt unserer sonntäglichen 11:00 Uhr-Bierrunde, als ein entfernt Bekannter, Conny, ca. 40 Jahre alt, sich zu uns gesellte. Conny, unsere zwanglose Plauderei schändlichst ignorierend, fragte ohne Umschweife: „Du bist ja ein Experte beim Modellfliegen.“
Ausweglos – da waren aber nur mein nicht Modell fliegender Neffe und ich -  fragte ich sicherheitshalber nach: „Meinst du mich?“
Conny: „Ja, natürlich. Am Samstag vor einer Woche war ich mit dem Fahrrad auf den Serpentinen talwärts unterwegs. Du warst oberhalb deines Hauses und hattest einen Sender in den Händen. Du bist mit dem Flieger Kurven und auch verkehrt herum geflogen. Beim Landen habe ich dir auch zugeguckt. Ich wollte schon weiterfahren aber dann hast du einen anderen Flieger genommen. Der war etwas kleiner aber noch schneller. Manchmal hat das Ding richtig gepfiffen und es war super anzuschauen“.
Meine leise Erwiderung: „Ja, das war ich“.
Conny: „Ich habe mir gedacht, wenn ich übe,  kann ich das auch machen.  Gleich am Dienstag habe ich mir dann einen Flieger  gekauft“.
Es war wieder soweit und ich spürte es.  Mein linkes Auge klappt bei Nervosität unkontrollierbar immer halb zu. Den Kopf leicht abgewandt und dennoch versuchend Kontenance zu bewahren fragte ich dennoch: „Was hast du für einen Flieger gekauft?“
Conny freudestrahlend: „Ich habe eine Tschesta mit Fernsteuerung zu einem Aktionspreis gekauft. Der Verkäufer hat gesagt, jeder kann damit fliegen.“
 Ich: „Eine Tschesta?“
Conny: „Ja, eine Tschesta.“
Mein linkes Auge klappte nun ganz zu. Mein Neffe,  mich kennend und den Dialog neugierig verfolgend, stellte mir unaufgefordert – sein Grinsen war noch breiter geworden -  einen  weiteren Spritzer mit hohem Weinanteil hin. Trotz meiner bescheidenen Modellflugkenntnisse sind mir zig Modelle bekannt. Eine Tschesta oder Cesta kannte ich nicht. ‚Cesta’ kommt aus dem slawischen Raum und hat die Bedeutung von ‚Weg’, und dergleichen.
Nach kurzer Zeit  hatte ich zwar die Lösung aber ich ließ Conny – auf Grund  seiner Ruhestörung und  nun niederen Instinkten folgend – ein wenig zappeln:  „Wie sieht der Flieger eigentlich aus?“
Conny skizzierte mit seinen Händen unter Zuhilfenahme von Bierdeckeln einen Hochdecker mit  einem fragilen Dreibeinfahrwerk.  
„Aha, wahrscheinlich eine Cessna, oder?“
Conny: „Ja, eine Cessna.  Genauso heißt sie?“
Fast knurrend meine Frage: „Und wobei soll ich dir nun helfen?“
Conny: „Ich habe die Cessna schon zusammengebaut, sie ist fertig und es funktioniert alles. Bitte hilf mir ein bisschen beim Fliegen.“
Ich überlegte eine Zeit lang. Konnte ich Conny helfen? Ich war selbst ein ins Alter gekommener Fluganfänger mit einigen Fortschritten. Conny war aber ein totaler Anfänger. Er nannte mich einen Experten. Er hatte wirklich keine Ahnung.  Dem  Helfersyndrom erlegen und bar jeder Vernunft, gab ich Conny mit einer mich selbst  verblüffenden Bestimmtheit folgende Antwort: „Wenn`s Wetter passt, bist du am Dienstag, um 15:00 Uhr, mit deiner Mühle und alles was dazugehört bei mir.“
Jedenfalls für Conny war der Abend gerettet.

Überpünktlich war Conny mit seiner Cessna bei mir. Um es kurz zu machen; er lernte in den darauffolgenden Wochen ein wenig Fliegen.  Ohne Schäden und Reparaturen  lief`s natürlich nicht ab. Bei  diesbezüglichen Klebearbeiten in meiner Kellerwerkstätte wies Conny auf das Heckteil eines im oberen Regal abgelegten Seglers und erkundigte sich danach.
Ich: „Das ist eine Easy Glider Pro. Ein Elektrosegler aus EPP. Normalerweise ein geeigneter Anfängerflieger. Sie hat einen etwas stärkeren Antrieb und Conny, ich sag`s dir gleich, die ist noch nichts für dich.“

Conny flog bald  eigenständig  und  wir konnten, er mit seiner Cessna,  ich meist mit meiner Hawk,  nebeneinander fliegen. Conny erkundigte sich noch einmal nach meiner  EGP und erhielt die gleiche ablehnende Antwort. Meine EGP, die ‚Lady’ hat für mich einen ideellen Wert. Mit ihr lernte ich ein wenig Fliegen und Conny mit seinem ungestümen Drang nach Höher und Schneller hätte sie wahrscheinlich schnell geschrottet. 
Zu Beginn der kalten Jahreszeit trennten sich unsere Wege.

Nach Monaten erfuhr ich, dass Conny dem Modellflugverein Soundso beigetreten war. War ich darüber enttäuscht oder erleichtert? Gemischte Gefühle jedenfalls,  Conny war zufrieden und damit Basta.

Bei einer zufälligen Begegnung fragte mich Conny: „Andi, können wir noch einmal miteinander fliegen. So wie in alten Zeiten.“  
Conny war gut, so wie in alten Zeiten,  das war gerade einmal 6 Monate her. Ich bejahte und  Conny so nebenbei: „Hast du noch deine Easy Glider Pro mit dem original Antrieb und  ist sie auch startklar?“
Wahrheitsgemäß erwiderte ich: „Sie hat ein bisschen Staub angesetzt aber die ‚Lady’  ist startklar.“ Conny war zufrieden mit meiner Antwort und eröffnete  mir, mit Hilfe eines Vereinskollegen namens Walter habe er eine Easy Glider Pro zusammengebaut und schon öfters geflogen.

Connys  Interesse an meiner EGP war ungewöhnlich. Meine ‚Lady’  war und ist noch immer mein Traditionsflieger, die Nummer Eins,  und  wurde nur mehr gelegentlich geflogen.  Auch von meiner Familie wurde sie respektvoll nur mehr die  ‚Lady’ genannt. Bei meinen sonstigen Fliegern wäre ich gleichgültiger gewesen aber bei meiner ‚Lady’ …
Am gleichen Abend wurde eine ohnedies überfällige Korrespondenz mit einem  wahren Könner und Gönner im Norden Deutschland eingeleitet.

Nach etwa 4 Wochen – das Wetter spielte vorerst nicht so mit und ich war froh darüber – kam Conny zu mir. In seinem Kombi eine relativ neu aussehende EGP mit den originalen Aufklebern.  Auffällig war der schon etwas kleinere Aluspinner mit Kühllochöffnung. Conny steckte die Flächen an und ich konnte kurz in das Rumpfinnere blicken. Aha, ein 40 Ampere Regler.  Wahrscheinlich ein 35 mm Außenläufer mit einer 12x6 Schraube, einer  3s 2200 mAH Lipo Zelle und eine Menge Ballast im Heckteil.  Unter Insidern eine beliebte Tuning Variante einer EGP.  Zirka 400 Watt Eingang, das kann ja heiter werden. Ich gab mich überrascht und beglückwünschte Conny zu seiner EGP.

Neben seiner neuen EGP wirkte meine vorwiegend orange lackierte ‚Lady’ etwas deplaciert. Conny ließ mir großzügigerweise beim Start den Vortritt und ich brachte meine EGP in einem Winkel von etwa 45 Grad auf ca. 300 Meter Höhe. Conny, frohlockend und seinen Leitungsüberschuss von Anfang demonstrierend, setzte senkrecht steigend nach und wartete auf mein nächstes Manöver. Bei diversen Manövern ließ mir Conny großzügigerweise immer wieder den Vortritt, überholte mich und imitierte meine Manöver mit seinem gewaltigen Antrieb. Bei der nächsten Aufwärtspassage – meine ‚Lady’ wieder mal überholend - sagte Conny triumphierend zu mir: „Andi, so baut und fliegt der Modellflugverein Soundso.“
Was hatte ich den Kerl bloß getan, ein bisschen Fliegen, Reparieren und Theorie gelernt. Zudem hat er auch noch gern mein Bier gesoffen. Dieses angeberische Getue  hatte ich nun satt und war darauf auch vorbereitet. Mein linkes Auge klappte ausnahmsweise nicht zu und ich betete, es möge nichts schiefgehen. Dann schob ich das erste Mal bei dieser Scharade den linken Knüppel voll nach vorne. Es lief wie geschmiert. Die ‚Lady’ zog senkrecht beschleunigend,  die EGP von Conny lässig überholend,  nach oben.
Conny: „Was ist das?“
 Ich kurz: „Meine Lady.“
Conny interessierte mich dann gar nicht mehr. Der Himmel war groß genug und wir – ‚Lady’ und ich – tobten uns da oben so richtig aus. Conny hetzte mit seiner EGP abkürzend immer ein wenig nach aber wir ließen ihn einfach stehen. Dann flog ich eines meiner Lieblingsmanöver:  Aus Bahnneigungsflug mit vollem Zeug, Gas kurz raus,  eine gerissene halbe Rolle und dann brutal Höhenruder. Kurz schwappten die Flächen der ‚Lady’ im Sonnenlicht und dann wieder weiter mit Vollgas. Es war einfach herrlich. Sekunden später hörte ich ein Geschrei von Conny. Es war ein langes  „Aaaah“, gefolgt von einem derben Ausdruck und ich sah nur mehr  herab fallende Schaumteile. Conny hatte seine EGP in der Luft geschrottet. Ich landete und zwischenzeitlich war Conny  bereits über den E-Weidezaun bei den Trümmern seiner EGP. Hüpfend und an Ästen zerrend barg Conny eine auf einem älteren Apfelbaum hängengebliebene Fläche. Seine Aktivitäten erregten die Aufmerksamkeit bei vier Stierkälbern in der Weide und diese trotteten neugierig in Richtung der Geräusche. Conny geriet in Panik lief mit den Trümmern in den Händen zum E-Zaun und bekam beim hastigen Übersteigen einen Schlag ab.
Schnaufend und schwitzend sprach mich Conny an: „Zuerst die verdammten Viecher und dann der E-Zaun. Ich habe geglaubt, meine letzte Stunde hat geschlagen und meine EGP ist total hinüber.“ 
Ich: „Die Viecher tun dir nichts. Stehenbleiben, klatschen und schreien.  Dann verziehen sie sich.  Schade um deine EGP. Wie ist denn das passiert?“
Conny: „Wie du habe ich auch eine halbe Rolle gemacht und dann voll Höhenruder gegeben. Das Ding ist richtig explodiert. Walter hat mich gewarnt,  bei vollem Zeug keine wilden Spielereien mit den Rudern. Die Mühle hat Totalschaden.  Deine ‚Lady’ geht wie die Hölle. Wieso hat sie die Flächen nicht angelegt? Du warst ja noch schneller unterwegs. Hattest du auch Hilfe beim Aufmotzen?“
Ich sagte nur: „Ja.“
Conny gierig: „Und von wem hattest du Hilfe?“
Ich grinste, blickte einige Zeit himmelwärts nach Norden und sagte nur: „Von oben.“
Conny verließ als Fragezeichen meine Wiese und ich brachte die ‚Lady’ als Ganzes in den Keller. Ihre Flächen sind nicht abnehmbar und das war auch gut so. Meinen Nimbus als Alleinflieger hatte ich jedenfalls wiedererlangt.