Freitag, 10. Februar 2012

Schauriger Karneval

Karikatur von Klaus Heilmann, http://www.kunstmalstudio.de/
Es war einer dieser ersten kalten Tage im neuen Jahr. Der Wind trieb eisige Kristalle durch die Luft, die wie winzige Rasierklingen in jedes Stück unbedeckter Haut fuhren. Der auf den Strassen gefrorene Schnee trug dazu bei, dass kaum jemand ohne einen notwendigen Grund hinausging, weil er Gefahr lief, sich auf dem glatten Boden ernsthaft zu verletzen.
Ich saß in meinem erst kürzlich neu bezogenen Büro und stellte mich auf ruhige Arbeitsstunden ohne Laufkundschaft ein. Selbst das Telefon blieb an diesem Tag erstaunlich passiv.
Eine dampfende Tasse Tee neben mir bei leiser Musik aus dem Radio sorgten für eine wohlige Atmosphäre während ich gerade -nichts Böses ahnend- die Ruhe für die Vorbereitungen unserer demnächst anstehenden Jahreshauptverwaltung nutzte. Zu diesem Zeitpunkt betrat unvermittelt eine weibliche Person -wohl Ende vierzig- die Räumlichkeiten. Die äußere Kälte schien sie wie eine zweite Haut übergestreift zu haben, denn im gleichen Moment fiel zunächst der Dampf über meiner Teetasse als feiner Schnee zurück auf den Tisch.
Besonders hübsch konnte ich meine Besucherin nicht nennen, wenig Humor schien ihr wegen der heruntergezogenen Mundwinkel eigentümlich zu sein. Deren scharfen nach unten zeigenden Falten unterstrichen noch ihre harten Gesichtszüge. Selbst der Gang in den Keller dürfte dieser Frau kaum genug Einsamkeit verschaffen, um auch nur die Andeutung eines Lächelns auf ihre Lippen zu zaubern. Genauso farblos wie sie selbst wirkte ihre Kleidung. Eine solche Person hatte ich zuletzt erleben müssen, als mein Sohn in den Vorbereitungen zu seiner Erstkommunion steckte und ich als Elternteil ebenfalls den Bekehrungsversuchen des Pfarrers ausgesetzt war. Unterstützt wurde der Kirchenvertreter damals von einer Frau, Typ „alte Jungfer“ mit Haaren auf den Zähnen, die ihr einziges Heil offensichtlich nur noch in der Glaubensvermittlung mit dem Feingefühl eines Dampfhammers suchte. Wegen dieser Erfahrungen vermutete ich auch diesmal wieder zunächst eine kirchliche Repräsentantin.
„Guten Tag, mein Name ist Karla Viper, ich bin Mitglied des Karnevalsvereins „Der fidele Lachsack“.“
Völlig überrascht von dieser unvermuteten Offenbarung und im Kampf, ein Lachen zu unterdrücken, bat ich die Dame, Platz zu nehmen. Ohne erkennbaren Grund verstummte plötzlich die Musik, während ich die Bildung der ersten Eiskristalle in meinem gerade eben noch fast kochend heißen Tee wahrnahm.
Die Frau ließ ihren Mantel selbst dann noch bis zum Hals zugeknöpft, nachdem sie sich stocksteif hingesetzt hatte. Mit bitterer Miene fuhr sie fort: „Unser Karnevalsverein „Der fidele Lachsack“ feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass geben wir ein Sonderheft heraus, in dem örtliche Vereine sich mit einer Werbung präsentieren können. Will das der Modellflugverein auch?“
Noch immer im Kampf mit meiner Selbstbeherrschung, der nur von der sich weiter lähmend ausbreitenden Kälte unterstützt wurde, schwirrten mir unvermittelt lauter launische Gedanken im Kopf herum. Seit Jahren im Vertrieb tätig, lockte mich die Herausforderung, auf eine geschlossene Frage, die man bekanntlicherweise nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann, zunächst ein neckisches „Nein“ entfleuchen zu lassen. Für das verschmitzte Grinsen, das die Abweisung untermalen sollte, um mein Gegenüber herauszufordern, würde die Dame sicherlich kein Gespür zeigen und sie stehenden Fußes kehrt machen lassen. Doch ließ sich der Gedanke, warum gerade diese wie ein Handlanger des Todes wirkende Frau Mitglied in einem Karnevalsverein war, zunächst nicht verscheuchen und ich gab mich ihm kurz hin: Vielleicht hoffte sie ja auf diesem Wege zumindest kurzzeitig einmal die Enden ihrer harten schmalen Lippen wie zu einem Lachen nach oben bewegen zu können? Möglicherweise sollte die Fröhlichkeit der fidelen Lachsäcke ja nur über die Verbitterung hinwegtäuschen? Oder sie verkörperte das Omen für ihren Karnevalsverein, der den Zenit seines Lebens bereits überschritten hatte? Wie dem auch sei, es sollte wohl auch vergnügtere Vertreter vom „fidelen Lachsack“ geben, sonst hätte der es sicherlich nicht auf eine 50-jährige Tradition gebracht. Ich verwarf die Idee einer vermeintlichen Konfrontation und schwenkte also auf Zusammenarbeit ein: „Was soll denn die Werbung kosten?“
„Unser Heft hat das Format DIN A5, das sind 148 Millimeter in der Breite und 210 Millimeter in der Höhe“, startete Sie in einem eisig monotonen Tonfall, den sie konsequent weiterführte.
„Die kleinste Anzeige wäre eine achtel Seite, das sind entweder 18,5 Millimeter in der Breite und 210 Millimeter in der Höhe oder 148 Millimeter in der Breite und 26,25 Millimeter in der Höhe und kostet Sie € 12,50. Die nächste Größe ist eine viertel Seite…
Obwohl sie bislang nur kurz geredet hatte, zog die Schwerkraft unterstützt von der Monotonie des Vortrages zunehmend an meinen Augenlidern. Inzwischen fand sich in meiner Teetasse ein völlig durchgefrorener brauner Eisblock, das Blut war aus meinen Händen entwichen.
„…die halbe Seite kostet Sie € 50,00, als nächstes dann…“, ratterte sie unentwegt weiter.
Mein Heil sah ich einzig nur noch in einer schnellen Entscheidung für einen Werbeplatz.
„Sie haben mich überzeugt, unser Flugverein präsentiert sich mit einer halben Seite“, unterbrach ich sie.
„Ich habe Ihnen ja noch gar nicht alle Werbemöglichkeiten vorgestellt, also dann gibt es noch die dreiviertel Seite…“
In diesem Moment dröhnte ein lautes Klingeln an mein Ohr. Bei dem Versuch, die Ursache der Geräuschkulisse abzustellen, öffneten sich meine Augen: es war bereits 6:10 Uhr, Zeit zum Aufstehen, Gott sei dank war das alles nur ein böser Traum.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Nils Kägi: Passend zur Kälte-Beheiztes Senderpult

Wer wie ich auch im Winter fliegen geht, ohne sich dabei von Temperaturen unter dem Gefrierpunkt abschrecken zu lassen, der hat vor allem ein Problem: Kalte Finger!
Mit Handschuhen zu fliegen ist nahezu unmöglich, da man nicht feinfühlig genug steuern kann. Das mag bei einem Motorsegler gerade noch gehen, will man jedoch ein Speed- oder Kunstflugmodell fliegen, muss eine andere Lösung her. In den letzen Wintern habe ich immer fingerlose Fahrradhandschuhe verwendet, aber auch damit frieren die Finger ziemlich schnell ein.
Für diesen Winter sollte eine Lösung her, die die Finger wärmt, ohne dass dadurch die Fähigkeit zum Steuern irgendwie beeinflusst wird: So habe ich kurzerhand in mein Senderpult eine Heizung eingebaut!
Heizfolie
Diese besteht aus zwei Heizfolien aus dem Kfz-Bereich, welche im Elektronikladen oder beim Kfz-Zubehörmarkt erhältlich sind, das normale Maß für Außenspiegel ist perfekt als Handauflagefläche geeignet. Betrieben werden diese Folien mit einer Spannung von 12V, zum Beispiel einem 3-zelligen Lipo. Zusätzlich habe ich mir bei Hobbyking eine Sendertasche gekauft, damit sich die Wärme gleichmäßig um die Hände verteilt und nicht zu schnell entweicht.
Korkabdeckung der Heizfolie
Das Senderpult ist eine simple Konstruktion aus 6mm Sperrholz; bestehend aus einer Grundplatte, einer Deckplatte und vier Wänden, die um den Sender herum gebaut sind. Oberhalb des Senders habe ich noch einen kleinen Halter für meine Jeti-Box vorgesehen. Auf die Handauflageflächen habe ich die Heizfolien geklebt und die Anschlusskabel direkt nach unten durch das Brett geführt. Auf der Rückseite des Pultes, also unterhalb der Jeti-Box, sind die Kabel der beiden Folien miteinander Verlötet und mit Steckern versehen. Für eine angenehmere Handauflage habe ich noch Moosgummi auf die Heizfolien geklebt. In der Praxis musste ich allerdings feststellen, dass sich das Moosgummi bei Hitze zusammenzieht und sich von der Selbstklebeschicht der Heizfolien löst. Beheben konnte ich das Problem durch den Austausch gegen Kork und Verklebung mit Weißleim.
NiMH-Akku zum Betrieb der Heizung
Im Flugbetrieb stellte sich heraus, dass der dreizellige Lipo doch zuviel des Guten war und die Handauflageflächen unangenehm warm wurden. Daher zog ich mir weiterhin die fingerlosen Handschuhe an. Dennoch wurde die hohe Temperatur bei längerem Betrieb unangenehm. Nach Wechsel gegen einen alten NiMh-Akku mit sechs Zellen liegt die Temperatur nun im angenehmen Bereich.
Übrigens verwende ich die Fächer unter den Handauflagen zu Lagerung der Lipo´s , so bleiben sie auch im Winter immer auf guter Betriebstemperatur.
Lagerung der Flugakkus
Ich wünsche euch allen viel Spaß beim Nachbauen und immer warme Finger beim Winterfliegen

Albert Schnitzler: Modellbauchronik der Jahre 1957 bis 1964

Albert Schnitzler 1963
Logbuch von Albert Schnitzler, beginnend 1957/58:

Das Motto für unsere Modelle lautete: "Gute Arbeit gewährt gute Leistungen".

Wir Jugendliche kamen zusammen, um Modelle zu bauen und zu fliegen. Wir waren etwa 7-8 Leute (genaue Anzahl weiß ich heute nicht mehr), die wir uns schon „Club“ nannten: MCG = Modellbauclub Gernlinden. Unser damaliges Alter: 13 bis19 Jahre. Der 19-Jährige Sepp R. hat bei Hans Schumacher (HS) gelernt.
HS war seinerzeit der Hauptproduzent und -lieferant für Modelle und Fernsteuerungen der Fa. Graupner. Ursprünglich konstruierte und wickelte er Trafos.

Hinweis:
Die Bilder 1- wurden mit einem Billigapparat, Fixfokus, Plastikgehäuse, Marke ?? aufgenommen.
Randunschärfe und andere Bildfehler waren normal.

Aus der Kladde:
Alle Modelle wurden in der Modellwerft des Modellbau-Clubs Gernlinden (Werkstätte meines Vaters, der leider im August 1957 verstarb) hergestellt.
Nach hunderterlei Arbeiten entstanden diese flugtüchtigen, sauber gebauten Modelle.

Bild 1-1
Sehr oft bauten wir Graupners "Kadett" (K2), ein besonders leistungsfähiges, rasantes Freiflugmodell, das bei Thermik oft schon 30-minütige und längere Flüge in 200-300 m Höhe ausgeführt hat. Ein Glück, wenn es nicht in den Wolken verschwand! Als Modellantrieb war der damals erhältliche Graupner Hobby RS Diesel mit 1ccm Hubraum eingebaut.

Bild 1-1, Kadett K2 eben gelandet, wie üblich, etwas unscharf, aufgenommen am 8. Okt 1958.


Die Aufnahme Bild 1-2 kam in unserem Garten zustande. Es zeigt einen Segler der Klasse A1. Der stellvertretende Leiter des Clubs, Günther E., mit seinem Modell ETB15. Aufgenommen am 2. Mai 1957.
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Bild 1-2
Die beiden folgenden Bilder wurden auf dem Gemeindeweideland des Guts Gernlinden/Moos aufgenommen:













Bild 1-3
Bild 1-3: Kadett steigt auf ca. 70 m. Aufnahme ebenfalls vom 2.Apr. 1959.









Bild 1-4
Bild 1-4 Rudi P., einer unserer Helfer und Laufburschen, macht das Modell startklar. Ferngesteuerter Satellit S2, mit Sender, vor dem Start. 10. Apr. 1959.











Die weiteren Bilder [2-  ] wurden mit einem besseren Apparat gemacht. Schlechte und besonders blasse Abzüge entwickelte ein Flugkamerad, Theo S. selbst. Hatte das wohl noch nicht so gut im Griff.
Erstmals taucht eine Fernsteuerung auf. Das war die, mit den Röhren, Einkanal 27,12 MHz, Trägertastung. z, Trägertastung.
Betriebssicherheit: risikovoll

Zur Erklärung der Trägertastung:
Es wird die Frequenz 27,12 MHz gesendet, wenn man tastet, und nicht gesendet, wenn der Taster offen ist. Die Leistung der damaligen Sender lag bei bis zu 5 Watt. Wenn man mit dem Ohr bei Tastung an die Antenne gekommen ist, hat das richtig „gepratzelt"!. Die Leistung heutiger Anlagen liegt, so viel ich weiß bei etwa 1/100 Watt!

Die nächste Generation der Sender funktionierte nach folgendem Prinzip:
Auf die ständig ausgestrahlte "Trägerfrequenz" wurde bei Steuerung, also bei Knopfdruck oder Umlegen des Knüppels, der Ton (z. B. mit 400 Hertz) aufmoduliert. Der Empfänger war also dauernd mit dem Sender über dessen Trägerfreuenz "verbunden" und wartete nur noch auf das niederfrequente (NF) Tonsignal, um dann die Information an das Servo weiter zu leiten. Das geschah sehr oft durch ein Relais.

In den nachfolgenden Jahren wurden digitale Anlagen entwickelt, solche haben wir heute noch, ich wenigstens. Die damalige Graupner (Grundig-) Anlage mit den aufsteckbaren Empfängerteilen war auch nur eine Anlage mit Tonfrequenzen, also keine Digi-Anlage. Die Servos schlugen immer voll aus.
Wollte man das nicht, so mußte man "tasten", also mit dem Knüppel immer nur kurze Impulse geben, das Bellamatic-Sevor z.B., schlug dann nur gering aus und nicht voll.
Die Aufnahme Bild 1-3 kam in unserem Garten zustande. Es zeigt einen Segler der Klasse A1. Der stellvertretende Leiter des Clubs, Günther E., mit seinem Modell ETB15. Aufgenommen am 2. Mai 1957.

Bild 2-1


Bild 2-1: Cessna 182 mit Sender 31.Aug. 1959


















Bild 2-2
Bild 2-2: Einige unserer Modelle  31.Aug.1959














 
Bild 2-3


Bild 2-3: Vier Modelle des MCG vor dem Start am 
31. Aug.1959


















Bild 2-4
Bild 2-4: Walter I. und Albert mit ferngelenkten Modellen Satellit S2 und Star III, nach dem Flug vor der o. e. Werkstätte. Sommer 1960
Bild 2-5
Bild 2-5: Das oft geflogene Modell Satellit S2. Walter I. mit Bellaphon A (Einkanal) Albert mit Modell vor dem Flug. Bilder 2-3 und 2-4 (vom Kameraden Theo S. selbst entwickelt, was man auch sieht!)











 
Bild 2-6
Bild 2-6: kleine HS81 – Kadett – HS81 (von links nach rechts) 8.Apr.1960













Bild 2-7
Bild 2-7: Das große Flugfeld, auf dem wir meistens starteten. Links Walter I, daneben Albert S. und Peter L., der leider 2 Jahre später verstarb.















Bild 2-8
Bild 2-8: Albert mit Norbert B. Die HS81 wird nochmals überprüft 8.Apr.1960. An diesem Tage hatten wir besonderes Glück. Die HS81 flog auf Anhieb!















Bild 2-9
Bild 2-9: Links im Bild Alberts HS81, noch unfertig, daneben eine Cessna 182. Im Hintergrund Satellit S2















Bild 2-10: Cessna 182 noch im Rohbau mit Albert. April 1961














Bild 2-11

Bild 2-11: Anton F.`s große Cessna 182 beim Start an einem sonnigen Herbsttag im großen Fluggelände im Moos. Sept.1962.












 

Bild 2-12

Bild 2-12: Alberts blaue Cherie (WIK) jetzt schon mit 3-Kanalsteuerung (Motordrossel und Seitenruder) vor dem Start mit Karin E., der Tochter unseres Schul-Hausmeisters. Aufgenommen an der 2. Hochbrücke am 24.Mai 1963.





 













Rückblick, Teil III, Doppeldecker

Doppeldecker haben mich schon immer fasziniert, nicht allein der Tatsache wegen, weil der Wright-Flyer zu dieser Species gehörte, nein, es ist das besondere Flugbild dieses Typs, der immer wieder für erfrischende Abwechslung am Fliegerhimmel sorgt. Für mich sind Doppeldecker zudem unerklärlicherweise der Inbegriff des Flugzeugs überhaupt. Ähnlich sah es vor gut 30 Jahren auch mein Vater, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis wir natürlich auch einen solchen selbst konstruierten.
Bei einer Spannweite von ungefähr 1,10 m, mit gerader Hinterkante leicht gefeilten Flügeln aus Styropor geschnitten genauso wie die Leitwerke und ansonsten alles in herkömmlicher Balsa-/Sperrholzbauweise erstellt, stand das Teil dann Anfang der achtziger Jahre vor uns. Die Flügel erinnerten schon fast an massiven Schwerbau, da bei dem Händler, über den wir das Furnier zum Beplanken kauften, wohl gerade Nussbaum im Angebot stand. Als Profil verwendeten wir für beide Flügel das symmetrische NACA 0018. Der untere Flügel war gegenüber dem oberen um gut 10 cm nach hinten versetzt und mit 1 Grad Anstellwinkel versehen. Sowohl das Höhenleitwerk als auch der obere Flügel waren ohne Anstellung.
Die stärkere Anstellung des unteren Flügels ist bei Doppeldeckern erforderlich, gerade dann, wenn sie gegenüber dem oberen nach hinten versetzt sind, weil sie dadurch von der langsameren Unterströmung des oberen Flügels beeinflusst werden. Diese Auftriebsverminderung gleicht man durch einen höheren Anstellwinkel und natürlich mehr Widerstand wieder aus. Das ist auch mit einer der Gründe, warum der Auftrieb eines Doppeldeckers nicht doppelt so groß und der Widerstand größer ist als der eines Eindeckers mit vergleichbar großem Flügel.
Der obere Flügel saß zunächst nur auf einem Pylon. Dieser war als dickes  symmetrisches Profil aus Sperrholzrippen, die mit 1 mm Sperrholz beplankt waren, gefertigt. Darauf wurde der Flügel mit zwei Schrauben befestigt. Querruder waren über die gesamte Spannweite nur am unteren Flügel angebracht.
Fast vollständig mit roter Folie bespannt, nur ein paar weiße Kunstflugstreifen und die ebenfalls in weiß gehaltenen Ruder sorgten für Akzente, ging das Gefährt an den Start. Der Supertiger mit Resonanzrohr lief zuverlässig in allen Drehzahlbereichen, deshalb gab ich beherzt Gas. Die weichen Knie hatten sich schon vorher eingestellt, aber nun gab es kein Zurück mehr. Bereits nach wenigen Metern hob der Doppeldecker ab und…flog ganz manierlich. Die ersten Gewöhnungsrunden brachten keine bösen Überraschungen, das Querruder hätte etwas spritziger reagieren können. Obwohl ich mir keine Gedanken machen musste, beruhigte ich mich nur langsam. Bei der Landeeinteilung unterschätzte ich allerdings die Höhe und Entfernung einige Bäume, was von einem kräftigen Krachen belohnt wurde. Der Motor heulte noch ein paar Mal auf, Äste schienen zu brechen, wir hatten den Eindruck, dass sich unser neuer Flieger langsam den Weg durch das Geäst nach unten bahnte bis unverhofft Stille eintrat.
Mein Vater und ich schauten uns an.
„Na denn mal los!“; sagte er und wir machten uns auf die Suche. Schon bald hatten wir den unverschämt im Weg der Flugbahn unserer neuesten Errungenschaft stehenden Baum gefunden, aber wider Erwarten lag diese nicht auf dem Boden sondern hatte sich in ungefähr 10 Metern Höhe im Geäst verfangen, so wie es aussah, unbeschädigt. Dummerweise winkten uns die ersten tragfähigen Seitenäste ungefähr ab einer Höhe von ca. 5 Metern entgegen, bis dahin war der Stamm so glatt wie ein Kinderpopo. Meine sämtlichen Versuche, auch mit Unterstützung einer Räuberleiter meines Vaters, den Stamm empor zu klettern, blieben vergeblich, ich fand keinen geeigneten Halt.
„Wir brauchen Hilfe“, meinte ich, „so werden wir das nie schaffen.“
Gemeinsam mit weiteren Fliegerkollegen fanden wir schließlich einen abgebrochenen genügend langen dünnen Baum, mit dem wir gemeinsam an dem Geäst rüttelten. Und tatsächlich, plötzlich folgte unser Doppeldecker der Schwerkraft. Wir sprangen zur Seite, auf dem Weg zum Boden wurde der Flieger noch ein wenig von einem Querast abgebremst, bevor er vor unseren Füßen in den glücklicherweise weichen Boden einschlug.
Mit Ausnahme eines jeweils tiefen Risses in der rechten Flächenhälfte des oberen und unteren Flügels von dem abbremsenden Ast hatte unser Doppeldecker die Punktlandung unbeschadet überstanden. Da das Konzept ansonsten stimmig wirkte, beschlossen wir, neue Flügel zu schneiden, dabei jedoch die Spannweite nochmals um 10 cm zu erhöhen. So flog der Doppeldecker prima, wir brachten nachträglich allerdings noch die auf den Fotos erkennbaren abschraubbaren Streben an den Randbögen der Flügel an, weil der obere Flügel auf dem Pylon doch einen etwas wackeligen Eindruck machte.
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute; so enden viele Märchen. Unserem Doppeldecker schien ebenfalls ein langes Leben beschieden zu sein. Über mehr als fünf Fliegerjahre begleitete er uns unbeschadet, bis, ja bis bei einem Landeanflug der Motor stehen blieb. Die Höhe war zu gering, um das Gefährt noch bis zum Platz zu segeln, so kam es zu einer Außenlandung. Unsere Hoffnung auf einen ebenso glücklichen Ausgang wie beim Erstflug wurde leider nicht erfüllt. Der Pfosten eines Weidezaunes mit dem Stacheldrahtverhau hatte ganze Arbeit geleistet, nach der Bergung der noch gebrauchsfähigen Servos sowie des Motors ging der Rest zur Beschwichtigung des Fliegergottes als Brandopfer in Flammen auf.