Startbildschirm von DevWingCam |
Nach den überzeugenden Erfahrungen mit dem
Rumpfentwurfsprogramm DevFusCAM aus dem Hause DevCad (Siehe JetPower 1/2014) reizte es mich, weitere
Programme zu testen. Obwohl ich häufig Styroporflügel baue, fasziniert es mich
doch immer wieder aufs Neue, die Entstehung eines Rippenflügels zu bewundern.
So war es nur eine logische Konsequenz, als nächstes dem Programm DevWingCAM
auf den Zahn zu fühlen.
Der erste Programmstart zeigte bereits die bekannte Handschrift
aus dem Hause DevCad. Zunächst muss man sich entscheiden, ob ein neues Projekt
gestartet, ein bestehendes geändert, kopiert, exportiert, gedruckt, in einer
3D-Ansicht betrachtet oder gefräst werden soll. Um den Rahmen dieses Artikels
nicht zu sprengen, gehe ich im folgenden vorrangig auf den Weg bis zur
Fertigung eines neuen Flügels ein, beschreibe auch nicht jede
Konstruktionsmöglichkeit, denn davon gibt es extrem viele, die kaum einen
Wunsch offen lassen dürften.
Klickt man auf die Schaltfläche „New Project“, so fällt eine
sehr anwenderfreundliche Erweiterung sofort ins Auge, der sogenannte „Expert-Mode“.
War es in DevFusCAM nur möglich, durch die gegebene Entwicklungsreihenfolge vor
oder zurück zu blättern, so kann der Anwender nun selbst beliebig zwischen den
Menüs durch direktes Anklicken des entsprechenden Symbols wechseln. Im
Einzelnen werden in den nachstehenden Schritten folgende Definitionen
vorgenommen:
·
Projektname, Halbspannweite, Distanz zwischen
den Flügelhälften, Wurzeltiefe, Anzahl der einzelnen Flügelsegmente
·
Ggf. Einladen eines Grundrissplans, von dem die
Flügelgeometrie abgeformt werden kann, oder
·
Freier Entwurf der Flügelgeometrie
·
Lage der Rippen, Halbrippen sind ebenfalls
möglich
·
Geometrische Verwindungen sowie V-Form. Profilauswahl,
hier steht gleich eine riesige Bibliothek mit mehr als 2.300 Profilen zum
direkten Zugriff zur Verfügung
·
Beplankungsflächen und –dicken
·
Nasenleiste
·
Endleiste
·
Holme
·
Ausschnitte für Ruderflächen
·
Zwischenböden z. B. für die Aufnahme von Servos
·
Geodätische Rippen
·
Aussparungen in den Rippen
·
Aussparungen in den geodätischen Rippen
·
Stützfüße, um den Aufbau verzugsfrei zu
erleichtern
·
Randbogen
·
Abspeichern des Projektes
Flügeldrundriss des vollständigen Ellipsenflügels |
Leider gibt es auch bei diesem Programm keine deutsche
Übersetzung, das Hilfemenü ist ebenfalls
in Englisch gehalten. Selbst die Zuhilfenahme eines Übersetzers aus dem
Internet half nicht immer weiter, weil bestimmte Fachbegriffe fehlten oder
Übersetzungen vorgeschlagen wurden, die keinen Sinn machten. Überhaupt
überwältigten mich die vielen Konstruktionsmerkmale anfangs. Hier waren echte
Praktiker am Werk. Die Einarbeitung in das Programm zog sich deshalb über
mehrere Tage und auch direkte Anfragen beim Inhaber, Stefano Duranti, hin, bis
ich mich mit der Nutzung genügend vertraut gemacht hatte. Oftmals half mir zudem
„Lernen durch Ausprobieren“, einfach mal schauen, was sich verändert. Dazu
steht einem in fast jedem Arbeitsschritt die Möglichkeit offen, das Ergebnis in
einer 3D-Ansicht zu betrachten. Ist man aber erst einmal mit der Anwendung
vertraut, gelingt ein vollständiger Flügelentwurf je nach Aufwand in weniger
als einer Stunde. Für ein Nurflügelprojekt mit einer Spannweite von 3,10 m
und geteiltem Flügel brauchte ich etwas mehr als eine Stunde.
Als mir schließlich klar wurde, welches Potential in
DevWingCAM steckt, wollte ich die Probe aufs Exempel machen. Vor gut dreißig
Jahren bauten mein Vater und ich einen Ellipsenflügel in Rippenbauweise,
immerhin standen uns damals schon Taschenrechner, Millimeterpapier und Kurvenlineale
zur Verfügung. Bis der Flügel mit einer Spannweite von 1,80 Meter fertig vor
uns lag, verbrachten wir Wochen überwiegend unter der Neonsonne des Kellers.
Jeder, der sich daran schon einmal in Handarbeit versucht hat, wird bestätigen
können, dass diese Flügelgeometrie vom Bauaufwand her zu den anspruchsvollsten
zählt. Zwar ist mir kein originales Flugzeug mit Jetantrieb und einem
Ellipsenflügel bekannt, es ging mir aber vorrangig darum, die
Leistungsfähigkeit von DevWingCAM auf die Probe zu stellen, da mir der
Vergleich mit dem handwerklichen Entwurf noch gut in Erinnerung war.
Daher setzte ich folgende Parameter:
·
Spannweite 1,90 Meter, ungeteilt, keine
geometrische Verwindung, keine geodätischen Rippen, Halbrippen im Nasenbereich
bis zum Hauptholm, teilweise Beplankung mit 1,5 mm Dicke
·
2 Grad V-Form je Seite
·
Wurzeltiefe 350 mm
·
Profil: NACA 0015
·
Landeklappen und Querruder
Die Flügelgeometrie legte ich in DevWingCAM als freien
Entwurf fest. An den geraden Mittelteil im Rumpfbereich schließen die vordere
und hintere Ellipsenform an, die genau in einem Viertel der Wurzeltiefe außen
zusammenlaufen. Bis zum Festlegen der Lage aller Holme verlief der Entwurf sehr
schnell und reibungslos. Als problematisch erwies sich dann die Festlegung der
V-Form-Verbinder in der Flügelmitte und die Konstruktion der Abschlussrippen in
den Rudern. Beim Setzen von Halbrippen zu Beginn können diese nur im
Nasenbereich festgelegt werden. Erst auf Rückfrage wurde mir von Herrn Duranti
erklärt, dass Halbrippen im Endbereich nur über die sehr leistungsfähige Funktion
„Truncate some ribs by a dummy phantom spar“ im Auswalmenü zur Gestaltung der
Holmanordnung entworfen werden können. Gemeint ist die Verkürzung von nachträglich
einfügbaren Rippen um in Flugrichtung liegende Holme. Um die V-Form-Verbinder
zu erhalten, muss ein frei definierbarer Holm in der Höhe der Profildicke
angelegt werden. Wenn man all dies weiß, ist das kein Problem, diese
Bezeichnungen sind leider irreführend gewählt.
Rippenschnitt im Bereich der Landeklappen |
Die weiteren Entwicklungsschritte verliefen dann wieder
reibungslos. Weil mir das Programm nun erstmals die Gelegenheit bot,
gewichtsreduzierende Aussparungen in den Rippen, die ich sämtlich aus 4 mm
Pappelsperrholz plante, vorzusehen, machte ich davon regen Gebrauch. Mit jeder
Aussparung, für die mehrere Varianten zur Auswahl stehen, wird gleich der
Prozentsatz der Gewichtsreduzierung ausgerechnet. Schließlich plante ich für
den späteren Aufbau Stützfüße vorn und hinten an den Rippen ein.
Sieht man von den Nachfragen und der Einarbeitung ab,
brauchte ich knappe zwei Stunden für den Flügelentwurf, mit zunehmender
praktischer Erfahrung im Umgang mit DevWingCAM dürfte das noch schneller zu
bewältigen sein.
Ungefähr eine weitere halbe Stunde verbrachte ich noch mit
der Aufarbeitung der Fräsdateien, um z. B. Haltestege an die richtigen Stellen
zu verschieben, weitere zu setzen oder bei Innenaussparungen zu löschen.
Nachdem der Ellipsenflügel entworfen war, bestaunte ich noch
die Simulation des Fräsvorganges. Doch letztlich entscheidend ist ja das, was
die reale Fräse am Ende hervorbringt.
Rund fünf Stunden reiner Fräszeit bei einem maximalen
Fräsvorschub von 250 mm/min mit einem Fräser von 1,5 mm Durchmesser brauchte es, bis alle Bauteile gefräst waren.
Das sind geringe Geschwindigkeiten, sodass leistungsfähigere Fräsen die
Bearbeitungszeit noch deutlich reduzieren können. Die meiste Zeit nahm ohnehin
das Herausschneiden der inneren Aussparungen ein. Das Ergebnis konnte sich
trotzdem sehen lassen, schon der erste Eindruck faszinierte.
Der komplette Frästeilesatz für den Ellipsenflügel |
Nachdem alle Bauteile von ihren Haltestegen befreit waren,
konnte ich mit dem Aufbau beginnen
Die Stützfüße erwiesen sich als hervorragende Aufbauhilfe.
Sie waren gleich so berechnet, dass ich den Flügel in eins unter Berücksichtigung
der V-Form hätte aufbauen können, lediglich die Länge meines Baubretts ließ das
nicht zu. Die Bauteile passten sehr gut zusammen, kleine Nacharbeiten waren nur
an den Aussparungen in den Rippen erforderlich, durch die Holme schräg verlaufen.
Das ist aber normal, da der Fräser üblicherweise nur senkrecht in das Material
eintauchen kann. Anzunehmen ist daher, dass beim Einsatz geodätischer Rippen
die entsprechenden Aussparungen an den Kreuzungsstellen ebenfalls
nachgearbeitet werden müssen.
Die einzige fehlende Passung, die ich feststellen konnte,
waren die Verkastungen des Hauptholmes an den Stellen, wo die Halbrippen für
den Abschluss der Ruder saßen. Obwohl die Rippe nicht bis dort heranreicht, ist
die Verkastung um deren Dicke verkürzt. Diese Verkastungen zu ersetzen, bedeutete
jedoch keinen großen Aufwand.
Als sehr hilfreich erwies sich noch das Druckmenü, mit dem
ich mir den Grundrissplan im Maßstab 1:1 ausdrucken konnte, um die genaue Form
der Hinterkantenbeplankung zuschneiden zu können. Auf den A4-Blättern wurden
gleich entsprechende Kreuze an den Ecken ausgedruckt, um die einzelnen Seiten
korrekt aneinanderkleben zu können.
Ausgedruckter Grundrissplan für die Ruder |
Rund eine Woche später lag der Flügel rohbaufertig auf
meinem Tisch, auch hier würde die Verwendung von Sekundenkleber statt Weißleims
weiteres Einsparpotential bieten. Die Waage zeigte inklusiver der bereits
eingebauten und verdrahteten Servos eine Masse von 1.046 Gramm, das ist für
einen solchen Flügel mit einer Fläche von 53,14 qdm ein sehr guter Wert.
Vor dem Fräsen selbst sollte man im Fräsmenü „Toolpaths“ die
Fräswege unter dem Punkt „Sort items in selected toolpath…“ neu berechnen
lassen. Das tat ich anfangs nicht und erkannte es erst nach einem
entsprechenden Hinweis von Herrn Duranti. Deshalb häuften sich beim Fräsen der Rippenaussparungen
unnötige Leerfahrten, weil diese nicht in einer Richtung abgearbeitet wurden
sondern der Fräskopf zwischen den vorderen und hinteren Aussparungen pendelte.
Die Güte des Fräsergebnisses beeinflusste das jedoch nicht.
Als verbesserungswürdig sehe ich die Verbindungsmöglichkeit
zwischen Randbogen und Endrippe an. Würde dort eine Verzahnung einsetzbar sein,
wäre der Material- und damit Masseaufwand zur Stabilisierung der Verbindung
deutlich reduzierbar. Auf Rückfrage wurde mir mitgeteilt, dass dies als
Weiterentwicklung zukünftig mit aufgenommen werden könnte.
Als Fazit kann ich dennoch voller Überzeugung eine
erhebliche Zeitersparnis bei einer sehr hohen Fertigungsgenauigkeit, die so von
Hand kaum zu erzielen wäre, feststellen. Die genannten Schwächen sind
problemlos verkraftbar.
Der Appetit, weitere Programme für Modellbauer aus dem Hause
DevCad zu testen, ist jedenfalls gestiegen.
Der Flügel in der Beplankungsphase |
Berücksichtigt man den Preis von € 95,00 für eine Lizenz, so
muss man von einem hervorragenden Preis-/Leistungsverhältnis sprechen.
Wem zur Fertigung keine Fräse zur Verfügung steht, kann zwei
mehr oder weniger abgespeckte Programmlizenzen zum Preis von € 35,00 oder €
70,00 erwerben, mit denen die Bauteile ausgedruckt werden können.
Kontaktdaten: http://www.devcad.com/eng/default.htm
Der Fllügel rohbaufertig |
Randbogenbereich |
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