Dienstag, 1. April 2014

Schneiden von Styroporflügeln mit der Mechanik und Elektronik von Modellbau Letmathe



Die Styroporschneidemaschine in Aktion


Mit dem Schneiden von Styroporflügeln kann man sehr schnell Flügel erstellen. Das ist von Hand mit relativ einfachen Mitteln möglich, hat aber auch Nachteile:


  • ·         Zumeist benötigt man eine zweite Person

  • ·         Gerade z. B. bei Deltaflügeln mit großem Unterschied in der Wurzel- und Endrippentiefe treten mehr oder weniger starke Riefenbildungen im Außenbereich auf, weil dort der Draht langsamer gezogen werden muss. Das erfordert zum Einen Übung, aber dennoch bleibt eine Dickenkorrektur aufgrund des stärkeren Abbrandes ausgeschlossen.


Da ich bereits fast alle Arbeiten um das Aussägen von Spanten, Rippen und dergleichen modellbauerischer Bauteile meiner computergesteuerten Fräsmaschine überlasse, lag für mich nun der nächste Schritt nahe, ebenfalls eine Automatisierung für das Styroporschneiden vorzusehen. Als ich meine Fräse auf eine leistungsfähigere Elektronik umrüstete, machte ich bereits erste sehr gute Erfahrungen mit Modellbau Letmathe, die sich mit ihrer Produktpalette stark auf den Bereich der Automatisierung im Modellbau spezialisiert haben. Vor allem der zuverlässige Service bei der Behebung von Problemen beeindruckte mich sehr.
Speziell für das Schneiden von Styropor findet man bei Modellbau Letmathe zwei Styroporschneidemaschinen:


  • ·         Kit 1 bestehend aus allen benötigten mechanischen Teilen zum Preis von € 419,00. Für die Führung der horizontal liegenden Achsen werden zwei hochpräzise Linearschienen mit entsprechenden Führungen mitgeliefert.

  • ·         Beim Kit 2 fehlen die Linearschienen. Hier kann selbst eine kostengünstigere Variante gewählt werden. Der Preis hierfür liegt bei €199,00.


Weiterhin benötigt man (ebenfalls bei Modellbau Letmathe erhältlich):


  • ·         Schrittmotorsteuerung für 4 Motoren

  • ·         4 Stück 1,8A Schrittmotoren + 4 Schrittmotorstecker

  • ·         Universalnetzteil 12 – 24V für die Versorgungsspannung der Schrittmotorsteuerung


Die elektronischen Komponenten werden als Komplettpaket „CNC Elektronikset Styroporschneidemachine“ für € 185,00 angeboten, können aber auch je nach Bedarf selbst zusammengestellt werden.
Die Bauteile des Kit 1
Ich bestellte das Kit1 mit dem Komplettpaket. Wenige Tage später brachte die Post ein längliches, unerwartet schweres Paket mit der Mechanik und ein weiteres kleines mit den elektronischen Bauteilen.  
Die Steuerelektronik
Aus dem Baumarkt besorgte ich mir noch eine 21 mm dicke Sperrholzplatte mit den Maßen 1,20*1,00 m sowie 4 Meter vieradriges Kabel für die Verbindung zwischen den Schrittmotoren und der Steuerung.
Für den Betrieb benötigt man weiterhin einen PC, der über eine parallele Druckerschnittstelle verfügt, mit der entsprechenden Software. Auf der Homepage von Modellbau Letmathe wird zum Entwurf der Styroporflügel das Programm Profili Pro 2 (Lizenz € 60,00 für Privatpersonen) aus dem Hause DevCAD und der Steuerungssoftware Mach3 (Lizenz € 239,00) vom Ingenieurbüro Winckler empfohlen. Letztere setze ich seit einiger Zeit erfolgreich an meiner Fräse ein. Für die „JetPower“ testete ich bereits andere Software aus dem Hause DevCAD, sodass ich die bekannte, sehr gute Qualität auch hier voraussetzen konnte.
Eine Ansteuerung motorseitig

Die Lagerung auf der dem Motor entgegengesetzten Seite

Doch vor den Erfolg haben die Götter bekanntlich den Schweiß gesetzt, zunächst musste die Mechanik zusammengebaut werden. Alle Materialien sind genügend stabil dimensioniert und passgenau. Für die Montage steht eine gut bebilderte Beschreibung zur Verfügung. 2 Stunden werden dafür veranschlagt, das ist problemlos zu schaffen. Da ein mobiler Einsatz für mich nicht in Frage kam, montierte ich die beiden Traversen auf die Sperrholzplatte. Den Abstand wählte ich so, dass die üblichen Styroporplatten mit einer Länge von einem Meter bearbeitet werden können. Deutlich mehr Zeit als die Montage nahm die Verdrahtung und Kabelführung der Schrittmotoren in Anspruch. Zudem musste ich meinen Schneidbogen um 40 cm verlängern, damit er über die Diagonale bei stark gepfeilten Flügeln noch einsetzbar ist. Nicht zuletzt fertigte ich mir aus 6 mm Sperrholz zwei Halterungen, in denen der Schneidbogen beweglich (!) gelagert wird.
Die selbstgefertigte Halterung des Schneidbogens

Nach der Montage folgt die Konfiguration von Mach3, auch dazu liegt eine ausführlich bebilderte Beschreibung bei. Beim ersten Start wich die Bildschirmdarstellung meiner Mach3-Version von der in der Anleitung ab, sodass ich nur drei der vier Achsen manuell ansteuern konnte. Deshalb muss in der oberen Leiste unter „Anzeige“ der Standardbildschirm in die beigefügte Version „1024“ geändert werden.
Über das manuelle Verfahren konnte ich nun das Umkehrspiel feststellen, konfigurieren und die richtigen Drehrichtungen der Motoren einstellen. Mit den hervorragenden Werten 0.1 mm (x-Achse), 0.05 mm (y-Achse), 0.1 mm (z-Achse) und 0.02 mm (A-Achse) wurden nochmals die guten Fertigungsgenauigkeiten unterstrichen. Die Freude über diesen ersten Erfolg stieg mit der Erwartung, nun bald mit ersten Schneidergebnissen aufwarten zu können. Dazu war lediglich noch die Anpassung von Profili Pro vorzunehmen.
Das Programm selbst wurde in der MFI 12/2010 bereits ausführlich vorgestellt, daher hier nur noch einmal kurz die Auflistung der Möglichkeiten:

  • ·         Entwurf von einfachen Rippen- und Styroporflügeln bis hin zum Fräsen oder Schneiden. Die entworfenen Flügelrippen können z. B. auch für den Export in das dxf-Format umgewandelt werden, um sie sich fräsen oder lasern zu lassen.

  • ·         Umfangreiche Profildatenbank mit über 2.300 Profilen

  • ·         Betrachtung der Polaren und deren Vergleich für verschiedene Profile bei unterschiedlichen Anstellwinkeln oder Re-Zahlen, Ansicht der Druckverteilung um ein Profil

  • ·         Neu: Erstellung von STL-Dateien, mit denen z. B. Negativformen für die Flügelherstellung  in GfK gefräst werden können

  • ·         Neu: Beim Schneiden von Styroporflügeln können inzwischen auch Aussparungen für Holme vorgesehen werden oder spezielle Aushöhlungen im Profil

Es ist wirklich erstaunlich, welch hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis damit geboten wird.
Für die Einstellungen unter Profili Pro zum Styroporschneiden sollte man sich die Hinweise auf der Homepage von Modellbau Lethmathe ausdrucken:
Hier werden wichtige Tipps u. a. für die Verfahrgeschwindigkeit und die Anzahl der Anfahrpunkte gegeben. Und es ist in wenigen Minuten möglich, die Voraussetzungen zum Schneiden eines Styroporflügels zu schaffen.
Nach all den Vorarbeiten hätte ich eigentlich loslegen können, doch genau zu diesem Zeitpunkt gab die Festplatte meines Rechners ihren Geist auf, sodass ein Komplettaustausch erforderlich wurde, alle Programminstallationen sowie Konfigurationen durfte ich nochmals von vorn beginnen. An dieser Stelle möchte ich mich deshalb ganz besonders bei Stefano Duranti von DevCAD bedanken, der mir kostenlos eine zweite Lizenz zur Verfügung stellte, weil durch den Austausch der Festplatte der erste Code nicht mehr akzeptiert wurde.
Zwei Tage später konnte ich dann endlich mit den ersten Tests beginnen. Als Temperatur für den Schneiddraht stellte ich zunächst den Wert ein, den ich auch beim Zuschneiden der Styroporplatten verwendete und…produzierte zunächst mehr Abbrand als ein brauchbares Schneidergebnis. Das gleichmäßige Verfahren der Achsen durch die Maschine erfordert geringere Temperaturen; jedoch nicht zu geringe, weil sonst der Draht nicht richtig nachgezogen wird, was zu Einbeulungen im Nasenbereich führt. Zusätzlich spielt die Spannweite ebenfalls noch eine Rolle, je größer, umso höher die Temperatur. Hier sind Testschnitte dringend erforderlich, um  optimale Ergebnisse zu erzielen. Fast fünf 


Verschnittene Flügelnase wegen zu kalten Drahtes
Styroporplatten fanden auf diesem Wege die Abkürzung in den gelben Sack, bis sauber geschnittene Flügel und Leitwerke die Maschine verließen. Das hat mit der Mechanik und Elektronik von Modellbau Letmathe allerdings nichts zu tun, die funktionierten immer einwandfrei, es mussten zunächst lediglich Erfahrungen im richtigen Umgang damit gesammelt werden. Die dann erzielbaren Ergebnisse lassen sich hingegen sehen: die Oberfläche ist gleichmäßig glatt, es gibt keine Riefen mehr.
So ermutigt, probierte ich das Schneiden eines Deltaflügels, der bekanntermaßen wegen der großen Unterschiede in den Flügeltiefen innen und außen eine besondere Herausforderung an das Schneiden stellt:
·         Wurzeltiefe 400 mm, Außentiefe 100 mm, Halbspannweite 480 mm, Endleiste um 5 cm nach hinten gepfeilt
·         Profil  innen NACA 0010, außen NACA 0015
·         Beim Programm Profili Pro ist ein gleichmäßiger Abbrand durch den Draht von 1 mm voreingestellt. Alternativ kann er auch für den Wurzel-und Außenbereich individuell eingegeben werden. Unter den gegebenen Umständen stellte ich für die Außenrippe den Wert auf 2 mm.
Die Styroporplatte musste ich fast ganz nach vorn schieben, damit der Flügel in den Schneidbereich der Anlage passte, die Spannung wuchs. Wie gehabt, verrichteten die vier Achsen sauber ihre Arbeit. Die Überraschung war groß, als ich den Kern entnahm: auch hier keine Riefenbildungen, lediglich im Außenbereich wurde die Platte wegen des langsamen Abbrandes immer rauer. Also kann die Maschine selbst bei dieser Anwendung gegenüber dem manuellen Schneiden deutlich punkten.
Der Draht wird sauber gezogen

Es gibt aber auch noch einen weiteren Vorteil: Wenn man beim manuellen Schneiden mit Schneidrippen arbeitet, müssen diese an der dicksten Stelle des Profils noch eine gewisse Mindesthöhe aufweisen, damit sie sich nicht verbiegen oder gar brechen. D. h. die Styroporplatte muss entsprechend dicker gewählt werden, weil sonst die Schneidrippen daran keinen Halt finden. Für das Schneidergebnis ist das aber verlorenes Material und auch ein unnötiger Kostenfaktor. Durch das Fehlen von Schneidrippen kann die Styroporplatte dünner gewählt werden und ist somit zugleich kostengünstiger.

Ein komplettes Flügelpaar mit rund 1,50m Spannweite
Alles in allem ist das CNC-Schneiden von Styroporflügeln gewiss kein preisgünstiges Vergnügen. Als Zielgruppe sehe ich hier auch eher den engagierten Modellbauer und den gewerblichen Bereich, die mit den dargestellten Komponenten aber professionelle Ergebnisse erzielen können. Für letztere Zwecke beginnen die Lizenzpreise von Profili Pro allerdings bei € 120,00, was angesichts der Preise nahmhafter Spezialsoftware noch immer als sehr günstig anzusehen ist.

Die Außenrippe des beschriebenen Deltaflügels
Speziell die beim Schneiden von stark gepfeilten Flügeln entstehende Oberflächenrauigkeit stellt besondere Anforderungen an die Verklebung der Beplankung. Deshalb werden wir auf dieses Thema in der nächsten Ausgabe  der MFI noch einmal gesondert eingehen.

Bezugsquellen:

Modellbau Letmathe, Am Acker 11a, 33818 Leopoldshöhe, Tel.: 05208/1701 oder 05232/970706, Email: Modellbau-Letmathe@web.de, www.modellbau-letmathe.de
Ing. Büro Winckler, Erlengrund 71, 25761 Büsum, Tel.: 04834-262404834-2624,
Mobil: 0170-20115420170-2011542, www.cnc-winckler.de


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