Samstag, 21. September 2013

Zum Modellbau verdammt!



 
Karikatur von Klaus Heilmann, www.kunstmalstudio.de
Wenn ich mir so die Testberichte von Flugmodellen durchlese, werde ich manchmal richtig neidisch. Nein, nicht, weil ich selbst auch testen möchte, das tue ich ja bereits, sondern wegen des überwiegend reibungslosen Zusammenbaus, den andere erleben. Das sieht bei mir fast immer ganz anders aus, wenn ich ein solches Modell auf den Basteltisch bekomme. Zwar baue ich sehr gerne, doch manchmal wundert mich die zunehmende Zahl meiner grauen Haar nicht mehr. Hier ein kleiner tagebuchartiger Auszug aus dem, was mir so beim Zusammenbau einer Zweimotorigen widerfahren ist:

Tag 1: Ich bin begeistert! Fertig lackierte Komponenten strahlen mich sauber verarbeitet aus dem Karton an. Erste Fotos werden gemacht. In spätestens zwei Wochen dürfte die Maschine flugfertig vor mir stehen.
Tag 2: Der Einbau der beiden Motoren steht an. In den großen Motorgondeln sollte das kein Problem sein. Aber wie bekomme ich denn die Einschlagmuttern von hinten in den Motorspant? Die Finger sind zu dick, Kröpfzange und Pinzette versagen ebenfalls. Letztlich klebe ich mir die Einschlagmuttern auf den Finger und bringe sie durch die kleine Öffnung im Motorspant von vorn an die richtige Stelle.
Tag 3: Die Motorträger sind angebracht, nun sollen die Bowdenzüge für Choke und Drossel folgen. Dummerweise sitzt der Originaltank immer im Weg. Nach mehreren vergeblichen Versuchen tausche ich den Tank gegen eine kleinere Version aus.
Tag 4: Zündung samt Akku, Einziehfahrwerk mit Rad und die Servos brauchen auch ihren Platz und dann ist da noch das Flächensteckrohr, das quer durch die Gondel verläuft. Wie klein plötzlich so eine Gondel werden kann! Mein bester Freund wird meine Fräse, mit der ich mir Platz schaffe.
Tag 7: Alles hat doch noch seinen Platz gefunden, nun noch die Klappen zum Verschließen anbringen. Ist inzwischen sehr eng und die M2-Muttern greifen nicht. Kein Wunder, das Gewinde fehlt und muss erst nachgeschnitten werden. Wie dumm von mir, ist ja auch ein Baukasten! Funktionstest nach der Montage: sie schließen nicht richtig, Spannungen in den Klappen verhindern das. Langsam macht sich immer mehr Ernüchterung breit.
Tag 9: Mithilfe eines zusätzlichen Drahtes lasse ich die Klappen vom einfahrenden Rad einziehen. Freude kommt wieder auf, nachdem es funktioniert.
Tag 11: Nach den Erfahrungen mit der ersten Gondel geht die Bestückung der zweiten deutlich schneller voran. Leider fehlen einige M2-Schrauben und Muttern, dafür kann ich mir mit den zahlreichen Unterlegscheiben eine Halskette bestücken, ist ja auch mal ganz nett.
Tag 15: Für die Verbindung aller 10 Servos im Flügel mit dem Empfänger stehen etliche Lötarbeiten an.
Tag 18: Wo sind die von so vielen angesprochenen vorbereiteten Schnüre, mit denen man die Servokabel durch unzugängliche Stellen ziehen kann? Wohl hier vergessen worden, muss mir wieder selbst was einfallen lassen.
Tag 20: Die beiden Stellringe zur Befestigung des Heckrades sind unbrauchbar, die Madenschrauben drehen durch, muss nun neue bestellen. Dummerweise sind die Löcher für die Anlenkung des Rades im Rumpf werksseitig zugeklebt worden. Nur mühsam kann ich mit dem längsten Fräser in dem engen Rumpf einen Durchlass fräsen.
Tag 22: Die Verstärkung des Spornraddrahtes passt nicht, entgegen den Angaben im Plan ist nämlich eine Dämpfungsfeder vorhanden, über die sich die Verstärkung nicht schieben lässt. Oh wie schön ist Eigeninitiative!
Tag 27: Die Anlenkungsbohrung eines Höhenruderblattes ist ausgeschlagen, eine Verstärkung muss her.
Tag 29: Beim Aufsetzen des Leitwerkes auf dem Rumpf stelle ich fest, dass die Aufnahme des Höhenruderservos zu breit ist und nicht in den Rumpf passt. Wer plant so etwas?
Tag 31: Zur Anlenkung der Landeklappen fehlen die nötigen Kleinteile, glücklicherweise werde ich in meinem jahrelang zusammengeklaubten Vorrat fündig.
Über mangelnde Forderung meiner Phantasie und handwerklichen Fähigkeiten kann ich mich jedenfalls nicht beklagen. Aber so ein Modell so problemlos zum Fliegen zu bringen wie die anderen, wäre zur Abwechslung ja auch mal ganz schön!

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