Die flugbereite Tiger Moth von ready2fly |
Der am 27.07.1882 geborene Geoffrey de Havilland
interessierte sich nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Ingenieursschule für
den Bau von Autos und Motorrädern. Das wäre sicherlich auch so geblieben, wenn
ihn nicht zwei Ereignisse in seinem Leben für die Flugwelt auf den rechten Pfad
gebracht hätten: Der Heirat seiner Frau Louise im Jahre 1907 und eines
Geschenkes in Höhe von 1.000 Pfund von seinem Großvater. So wurde die Welt um
einen bedeutenden Flugpionier und Konstrukteur reicher, denn bis zu seinem
Lebensende widmete er sich ausschließlich der Entwicklung, dem Bau und dem
Fliegen von Flugzeugen, auch wenn seine fliegerische Karriere zunächst mit
einem Bruch begann:
1908 baute er gemeinsam mit seiner Frau und Frank Hearle
seinen ersten Entwurf. Doch schon beim Erstflug im Dezember 1909 wurde dem ein
jähes Ende gesetzt. Versuch und Irrtum bestimmten nun sein weiteres Handeln,
bis er sich das Fliegen letztlich selbst beibrachte und sich mit seinem zweiten
Entwurf, der F. E. 1, erfolgreich in der Luft bewegte. Damit war der Grundstein
für seine weitere fliegerische Karriere gelegt, die ihn über die Entwicklung
der B. E. 2 bei der Royal Aircraft Factory schließlich zu seiner eigenen Firma
und dort auch noch als Cheftestpilot der „De Havilland Aircraft Company“
führte.
Mit seiner „de Havilland D. H. 71 Tiger Moth“ errang er in
den 1920er Jahren mehrere Weltrekorde. Diese und deren Weiterentwicklungen, der
„Moth-Serie“ wurden weltberühmt, denn unzählige Piloten rund um den Globus
haben mit ihr das Fliegen gelernt. Wohl einer der bekanntesten Typen wurde die
„DH 82“, deren erstes Muster mit der Bezeichnung G-ABRC am 26.10.1931 von Stag
Lane aus startete. Die Abnahmeflüge verliefen so erfolgreich, dass die DH 82
eine Kunstflugzulassung erhielt und zum Standardtrainer der Royal Air Force
avancierte. Neben der Pilotenschulung fand die DH 82 als ferngesteuertes
Schleppflugzeug mit der Bezeichnung „Queen Bee“ ein weiteres Einsatzgebiet zur
Ausbildung von Flakkanonieren.
Bis Ende 1945 waren über 7000 Tiger Moth´s gebaut worden,
weitere Lizenzbauten entstanden in zahlreichen Ländern der Erde.
Auch heute noch hat die DH 82 nichts von ihrem Charme
verloren. Ihr Design ist immer wieder ein Hingucker auf Flugtagen auch im
Flugmodellbereich. Umso mehr freute es mich, dass ich ein solches Exemplar im
Vertrieb des schweizerischen Unternehmens „ready2fly“ testen durfte, zumal
Doppeldecker für mich ohnehin eine Art Inbegriff des Fliegens sind.
Um es gleich vorweg zu schicken, der Firmenname ist auf
diese Maschine nicht unmittelbar übertragbar, darauf wird aber bereits auf der
Internetpräsentation hingewiesen. Obwohl bereits alle Komponenten sehr sauber
aufgebaut, fertig bespannt und lackiert im Baukasten verpackt waren, offenbarte
das Auspacken zahlreiche Kleinteile wie Schrauben, Unterlegscheiben, Muttern
und Ruderhörner. Deshalb sollte man für den Zusammenbau bereits Erfahrungen
mitbringen. Zusätzlich benötigt man noch vier Servos, die komplette
Antriebseinheit, einen Metallspinner und, um die Optik eines solch
antiquarischen Doppeldeckers abzurunden, eine Pilotenpuppe. Freundlicherweise
wurde mir das erforderliche Zubehör von der Firma Staufenbiel mit einem Rabatt
von 50% zur Verfügung gestellt. An dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen
Dank dafür.
Was mir sofort positiv auffiel, war, dass es sich hier im
Gegensatz zu der Vielzahl von Schaummodellen auf dem Markt um ein Modell in
Holzbauweise handelte, sehr leicht und doch stabil aufgebaut, so sorgte bei den
Tragflächen ein fast geodätischer Rippenaufbau für eine recht stabile
Konstruktion. All das ließ mein Herz als Holzwurm sofort höher schlagen.
Der stabile Flügelaufbau in Rippenbauweise |
Bestens motiviert startete ich also den Aufbau nach der zwar
in Englisch gehaltenen aber dennoch sehr gut bebilderten Bauanleitung, die kaum
Fragen offen ließ. Interessanterweise baut man die DH 82 von hinten nach vorne
auf, indem mit dem Anbringen des Leitwerks begonnen wird. Leider erlebte ich dabei
die ersten Enttäuschungen:
Im Seitenleitwerk befinden sich zwei M3-Einschlagmuttern.
Gemeinsam mit dem Höhenleitwerk wird das ganze von unten durch den Rumpf mit
zwei Schrauben befestigt. Die hintere Schraube wollte jedoch nicht in die
Mutter fluchten. Also das Ganze nochmals abmontiert und von Hand versucht, die
Schraube einzudrehen. Diese blockierte sofort in der Einschlagmutter. Beim
Versuch des Herausdrehens löste sich auch noch die Mutter, drehte durch und
riss die Bespannung auf.
Die aufgerissene Bespannung des Seitenleitwerks |
Mir blieb gar nichts anderes übrig, als die
Schraube abzusägen und die Einschlagmutter durch die aufgerissene Bespannung
herauszuziehen. Ich konnte den Riss sehr schnell mit Blitzkleber und Seide
wieder schließen. Doch musste ich mir passende Revellfarben besorgen, um das
Farbschema wieder herzustellen.
Zudem weist die Bauanleitung beim Anbringen des Leitwerks
auf die Wichtigkeit der Ausrichtung zur Rumpflängsachse hin, das passte
wirklich sehr genau. Doch bei der Kontrolle, ob es auch parallel zu den Flügeln
ausgerichtet war, stellte ich eine Schiefstellung fest, die ich nur mit
Unterlegung und Nachschleifen von 1 mm Balsaholz ausgleichen konnte. Erst
danach konnte ich das Leitwerk aufkleben und es mit der verbleibenden Schraube sichern.
Das alles war kein Beinbruch, weil es sich schnell
beseitigen ließ, aber dennoch ärgerlich. Den Verzug im Seitenleitwerk konnte
ich allerdings nicht ausgleichen, was sich erst zeigte, als ich das Seitenruder
angelenkt hatte (Bild 3), dazu hätte es eines Neuaufbaues bedurft.
Das verzogene Seitenruder |
Auf Nachfrage bei dem Geschäftsführer von ready2fly, Herrn
Zweifel, wurden sofort sieben weitere Baukästen kontrolliert mit dem Ergebnis,
dass es sich bei den beschriebenen Mängeln um einen Einzelfall gehandelt hat.
Angesichts der ansonsten hervorragenden Verarbeitung halte ich diese Aussage
für überzeugend,
denn alle anderen vorbereiteten Passungen für das Zusammenstecken
der Tragflügel oder der Streben, auf denen der obere Flügel lagert, zeigten
sich sauber verarbeitet.
Im unteren Flügel sind bereits genügend große Aussparungen
in den Rippen vorgesehen, um die Servokabel mit einem dünnen Stahldraht
hindurch zu ziehen. So ging der Bau zügig voran. Zeitlich aufwändig gestalteten
sich nur die Verspannungen für die Anlenkungen des Höhen- und Seitenruders
sowie der Flügel gegeneinander. Die Größe aller Ruderausschläge werden in der
Bauanleitung bereits empfohlen. Da wie beim Original die Anlenkung des
Seitenruders über einen zentralen Hebel seitlich aus dem Rumpf erfolgt, ergibt
sich ein riesiger Hebelarm. Damit erreichten die Ausschläge Werte, die jedes
3-D Modell erblassen ließen. Mit der Reduzierung des Servowegs auf 40% kam ich
schließlich auf die empfohlenen Werte.
Etwas Geduld verlangte auch die Anlenkung der
Höhenruderblätter. Da deren Bowdenzugrohre weit im Rumpf abgeschnitten sind,
kann man die Anlenkungslitze nur über einen von außen eingeführten Stahldraht
mit 0,8 mm Durchmesser, an dem die Litze mit dünnem Klebeband befestigt wird,
von innen vorsichtig nach außen ziehen. Jeweils zwei nebeneinander liegende
Bowdenzugrohre sind für die Anlenkung der Ober- bzw. Unterseite eines
Höhenruderblattes. So lässt sich die doppelte Anlenkung sauber sowie spielfrei umsetzen.
Ist man bis zu diesem Baustadium gelangt, sollte man alle
Funktionen testen und den festen Sitz aller Schrauben der Servos kontrollieren,
denn der weitere Aufbau geht davon aus, dass die Flügel gesichert durch mehrere
Stoppmuttern einmal festgezogen, dauerhaft auf dem Rumpf verbleiben, ein Zugang
zu den beiden Servos ist damit nur mit hohem Schraubaufwand nachträglich
möglich.
Bevor ich die Halterungen für die Streben in die Flügel
einklebte, kerbte ich sie beidseitig mit einer Feile schräg ein, um eine
bessere Verbindung zu erzielen.
Die nachgefeilten Halterungen für die Verspannungen |
Die Streben geben gleichzeitig die Anstellwinkel vor, ein
Nachkorrigieren ist nicht möglich. Wie gesagt war deren Verschraubung so genau
vorbereitet, dass sowohl die Ausrichtung der Flügel horizontal und vertikal und
auch zum Leitwerk sofort passte.
Der vorbereitete Motorträger wies bereits die richtige Länge
für die Aufnahme des AL 3548 V2 auf. Zur Einhaltung der vorgegebenen
Schwerpunktlage musste ich den Regler direkt am Träger mit Klettband befestigen
und ein Sperrholzbrett zur Aufnahme des Akkus in den vorderen Rumpfbereich
einsetzen.
Die zusätzliche eingesetzte Akkuhalterung |
Dieses
Sperrholzbrett muss sehr tief eingebaut werden, weil sonst das hinter der
Öffnung liegende verstrebte Fahrwerk ein Einsetzen des Akkus verhindert.
Nachdem ich den Gewindeteil der Motorachse sowie die
Verschraubungsmutter im Spinner etwas gekürzt hatte, passten auch diese Teile. So vorbereitet lag der Schwerpunkt mit eingesetztem Akku auch in dem
von der Bauanleitung empfohlenen Bereich.
Da ich den Bau sehr locker angegangen war, sollten die zwei
Wochen, die ich dafür benötigt hatte, nicht als Maß genommen werden. Bei
zügigem Vorgehen dürfte das in weniger als einer Woche zu schaffen sein. Je weiter
ich mit dem Bau vorankam, umso mehr Pioniergeist und Nostalgie überkamen mich
und als ich dann die erste Außenaufnahme machen konnte, schloss ich
dann endgültig die kleine Tigermotte in mein Herz, genau so ein hübscher
Doppeldecker hatte mir in meiner Sammlung noch gefehlt, jetzt musste sie nur
noch die Flugerprobung bestehen. Wie so oft in diesem Jahr machte mir das
Wetter einen Strich durch die Rechnung, fast vier Wochen dauerte es, bis es
trocken und der Wind ruhig genug wurden, um den Erstflug zu wagen.
Der überabeitete Spinner |
Bereits beim Beschleunigen zog die DH 82 kerzengerade davon,
mit ein wenig Höhenruder hievte sie sich dann etwas zu rasant in die Lüfte.
Kurzes Nachdrücken, ein wenig Tiefe nachgetrimmt und schon war die leicht
schwanzlastige Tendenz behoben, mit ein wenig Querruder links lag sie dann
endgültig sauber und folgsam in der Luft. Und nun zeigte sie ihre gesamte
Schönheit, ich meinte im Flug sogar das Singen der Spanndrähte zu hören. Da ich
vergessen hatte, die Zeitschaltuhr zu aktivieren, drehte ich voller
Begeisterung eine Runde nach der anderen, wagte Loopings und Rollen, bis ich
schließlich durch das Abfallen der Motorleistung auf den geleerten Akku
aufmerksam gemacht wurde. Die sofort eingeleitete Landung verlief ebenfalls
problemlos, allerdings sind die Segeleigenschaften wegen des hohen
Luftwiderstandes -wie generell bei verspannten Doppeldeckern zu erwarten- eher
mäßig, Fahrt und Höhe werden schnell abgebaut, mit etwas gefühlvoll gezogenem
Höhenruder kurz vor dem Aufsetzen gelingen aber Bilderbuchlandungen.
Die Motorisierung reicht völlig aus, mit Halbgas dreht die
Tigermotte bereits sicher ihre Runden, ebenfalls ausgewogen reagieren die Ruder
mit den in der Anleitung eingestellten Werten. Wer also nach einem
vorbildähnlichen hübschen Doppeldecker mit ausgewogenen Flugeigenschaften
sucht, fliegt mit der DH 82 von ready2fly auf dem richtigen Kurs.
Die Tiger Moth im Flug. Ein echter Hingucker! |
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