Freitag, 1. November 2013

Der Schrecken vor der Leere kommt wieder!




Karikatur von Klaus Heilmann, www. kunstmalstudio.de
1654 führte Otto von Guericke in Regensburg ein eindrucksvolles Experiment vor: Zwei Halbkugeln mit 50 cm Durchmesser, aus denen die Luft mit seiner eigens erfundenen Kolbenpumpe entzogen worden war, konnten selbst durch zwei daran ziehende Pferdegespanne mit jeweils 15 Pferden nicht auseinander gezogen werden. Damit bewies er, dass der von außen wirkende Luftdruck die Kugeln zusammenhält. Die bis dahin herrschende Angst vor der Leere (horror vacui), war damit widerlegt.
Doch warum erzähle ich das? Ganz einfach: Unser Wissen verdoppelt sich in immer kürzeren Abständen und, bedenkt man, dass zwischenzeitlich mehr als 350 Jahre ins Land gegangen sind, so liegt doch die Frage nahe, ob das noch alles so seine Richtigkeit hat? Und tatsächlich, liest man aufmerksam die Testberichte von neu erschienenen Flugmodellen, so drängt sich der Schluss auf, dass sich Herr von Guericke geirrt haben muss.
Immer häufiger wird beschrieben, dass „Servos saugend in die Aussparungen passen“, gleiches erfährt man zudem von Flächenhalterungen oder ähnlichen Bauteilen, die in andere einzufügen sind. Da läuft es mir doch eiskalt den Rücken hinunter, nachts werde ich vor lauter Angst bereits von Schlaflosigkeit geplagt. Das ist doch genau das Gegenteil von dem, was Herr von Guericke bewiesen hat! Was wollen wir also noch mit diesen alten Kamellen?
Am meisten beunruhigt mich, wie leichtfertig darüber geschrieben wird. Ja sind sich denn die Fliegerkollegen gar nicht der Gefahr bewusst, in der sie schweben? Heute ist es das Servo, das eingesaugt wird, und morgen?
Nun heißt es wieder, auf der Hut zu sein, denn die Leere, die alles in sich aufsaugt, breitet sich offensichtlich in zunehmendem Tempo aus und macht nicht einmal mehr vor unserem Hobby halt. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die ersten Modellbauer spurlos verschwunden sind. Vielleicht sind sie es ja schon, denn es ist ja ein offenes Geheimnis, dass deren Zahl zusehends schwindet. Wenn dahinter nicht eine von der Modellbauindustrie unterstützte „Leere-Mafia“ steckt, die der Verbreitung Vorschub leistet. Das würde auch die rapide Zunahme von Fertigmodellen und Schaumwaffeln erklären. Wie sonst sollten diese modernen Errungenschaften sich auf dem Markt auch derart ausbreiten können? Genauso muss es sein. In alten Modellbauzeitschriften aus einer Zeit vor der „leeren Fertigrevolution“ sucht man jedenfalls vergebens nach saugenden Passungen.
Da ich mich selbst noch zu der Spezies der Flugmodellbauer zähle, kann ich mich bislang wohl glücklich schätzen, verschont geblieben zu sein. Doch wie lange noch? Wann und wo wartet die nächste saugende Passung auf mich, deren Einfluss möglicherweise übermächtig wird? Und, was viel wichtiger ist, wie kann ich mich davor schützen?
Zunächst kontrolliere ich jedes Paket, dessen Absender auf ein Unternehmen der Modellbaubranche schließen lässt, peinlich genau. Zur Sicherheit trage ich eine Kette mit Knoblauchzehen und Akkuselbstladern, doch auf Dauer bin ich mir nicht sicher, ob das helfen wird. Nicht einmal das Internet mit seinen Suchmaschinen konnte mir auch nur eine brauchbare Antwort liefern, die Leere-Mafia leistet ganze Arbeit.
Falls ich also eines Tages spurlos von der Bildfläche verschwunden sein sollte, denkt an meine Worte, dann hat mich die Leere einfach aufgesaugt!

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