Nun sollte die Zeit des unbeachteten Dahindümpelns in der Dunkelheit des Schrankes vorbei sein und dazu schien mir die Stinson genau das richtige Modell zu sein: ausgefallen im Design, ansprechende Größe und auf Leichtbau ausgelegt.
Wenige Tage nach meiner Bestellung erreichte mich ein riesiger Karton. Rumpf, Flügel und Leitwerke waren bereits fertig bespannt, die Motorhaube lackiert, im Prinzip schien es nur noch um den Einbau der Fernsteuerung und des Motors zu gehen. Doch das stellte sich aufwändiger dar, als anfangs angenommen. Zwar boten die beiden seitlichen Türöffnungen genügend Zugriffsmöglichkeit in den voluminösen Rumpf, trotz allem entwickelte sich die Montage der Komponenten zum Geduldsspiel, zumal der bullige Rumpf beim Hantieren schnell anzuecken drohte. So brauchte ich doch ein paar Tage mehr, bis das Teil schließlich zum ersten Mal fertig montiert vor mir stand: Genial, schon so wirkte die Stinson auf ihre Art sehr elegant. Nun konnte ich es kaum noch erwarten, am kommenden Wochenende begleitete mich meine Frau Karin auf den Flugplatz. Der Wind wehte etwas kräftiger, die Bedingungen hätten für einen Erstflug besser sein können. Recht schnell sprang der Viertakter wie gewohnt an und lief sauber durch. Also beherzt Vollgas geben und langsam beschleunigte die Stinson; nach gut 50 Metern hob sie mit leicht gezogenem Höhenruder ab. Bereits die ersten Gewöhnungsrunden zeigten keine bösen Überraschungen, die Maschine flog auf Anhieb gerade, nur etwas Tiefenruder musste ich trimmen. Es mag wohl an ihrer Größe liegen, dass der Flug ein wenig wie in Zeitlupe wirkte. Der Motor zog kräftig durch; problemlos auch der Looping und, dadurch etwas mutiger geworden, versuchte ich den ersten Turn und fast genauso wie der Motor blieb fast mein Herz stehen. Ich versuchte die Maschine wieder segelnd zu wenden und zur Landung gegen den Wind zu stellen. Wegen des bulligen Rumpfes war das kaum möglich, die Stinson wurde in Richtung einer Baumreihe abgetrieben, gerade noch rechtzeitig bekam sie die Kurve, doch bis zum Platzanfang reichte es nicht mehr. Zwar setzte sie gerade auf, doch drang ein hässliches Krachen bis an meine Ohren. Bei der Bergung sah ich dann die Bescherung: Das Hauptfahrwerk war an den Gleisen der Moorbahn hängengeblieben und herausgerissen, gleiches widerfuhr wohl auch dem Hecksporn, der seitlich neben dem Rumpf hing.
„Das ist aber ein schickes Teil!“, meinte er.
„Das stimmt, nur müsste ich sie wieder reparieren.“
Vielleicht sollte das ja der entscheidende Fingerzeig sein. Ich schaute mir nun erstmals die Beschädigungen genauer an: Ein paar Leisten im Rumpf waren angebrochen und das Einsetzen des Fahrwerkes erschien mir plötzlich ebenfalls nicht mehr der Rede wert zu sein. Die Flügel waren gänzlich unbeschädigt, lediglich das Steckrohr war verbogen. Wenige Nachmittage später sah das Ganze schon wieder viel besser aus. Leider konnte der Modellbauhändler meines Vertrauens nicht die passende Gelbfolie auftreiben, im Baumarkt stellte sich der Farbton als unmischbar heraus, sodass der Rumpf unten nun blau bespannt ist. Der alte Viertakter zeigte sich beim Probelauf Zuhause wieder anspringfreudig, sodass ich es Ende Januar nach den fast endlosen Regenfällen kurz vor Einsetzen des Dauerfrostes wagte, auf den Flugplatz zu fahren. Der Sandweg dorthin zeigte sich noch sehr aufgeweicht und auf halbem Weg warnte mich ein Fliegerkollege, dass mich auf den letzten Metern noch mehr Matsch erwarten würde, er traute sich nicht, dadurch zu fahren. Schwankend zwischen Erleichterung („So kann wenigstens nichts kaputt gehen!“) und Enttäuschung („Sollst du das ganze Geraffel nur spazieren gefahren haben?“) entschied ich mich letztlich für das Wagnis. Mit Schwung meisterte ich den Matsch und rüstete wenig später allein auf dem Platz meinen Stiddle Mick (Siehe November 2011: „Immer wieder etwas Neues“) und die Stinson auf. Der Probeflug mit ersterer nach der Winterpause zeigte mir „du kannst es noch“ und so wagte ich mich an die Stinson. Der Motor lief wie ein Nähmaschinchen, sauber und wieder wie in Zeitlupe schien sie sich durch die Luft zu bewegen. Das Flugbild mit dem knatternden Viertakter ist schon ein besonderes Erlebnis, da passt alles zusammen. Wieder musste ich nur ein wenig Tiefe trimmen und diesmal sah ich noch von waghalsigen Kapriolen ab. Stattdessen machte ich mich mit dem Langsamflugverhalten vertraut. Auch hier gab es keine Probleme, durch das geringe Gewicht segelt die Stinson erstaunlich gut. Das zeigte sich auch bei der Landung, als sie über den anvisierten Aufsetzpunkt weit hinaus gleitete.
Stinson nach dem zweiten gelungenen "Erstflug" |
Zwei Wochen später begleitete mich Stefan. Bei frostigem Wetter wollten wir seine Charter fliegen, ich hatte die Stinson und mein Baby dabei (Siehe November 2011: „Nervenkitzel mit dem Baby“). Für alle Fälle hatte Stefan auch sein Geländefahrzeug mitgebracht, dass ebenfalls mit einem 3,5 ccm-Motor bestückt war.
Die Charter konnte er gleich wieder einpacken, weil wir bei der letzten Reparatur das Einkleben des Flügeldübels übersehen hatten. Der Viertakter weigerte sich plötzlich, anzuspringen, weshalb wir nach einer halben Stunde weitere Versuche einstellten. Und mit meinem Baby wollte es auch nichts werden, dort hatte sich eine Balsaleiste gelöst, die den Bowdenzug für das Höhenruder führen sollte. Von den Bewegungen der Rudermaschine kam deshalb nichts mehr dort an. Tja und der Sekundenkleber, der diese Misere binnen Sekunden hätte behoben können, lag Zuhause in meinem beheizten Hobbyraum. Als dann Stefans Geländewagen genauso wenig zu eigenständiger Bewegung zu motivieren war, packten wir resigniert wieder ein.
„Dass Dein Motor nicht laufen will, könnte auch an der Einstellung der Ventile liegen.“, meinte Stefan. So erklärte er sich bereit, diese am nächsten Tag einzustellen. Tatsächlich war das Spiel am Auslassventil zu groß. Nach dessen Korrektur ergab sich erst Anfang März die nächste Gelegenheit zum Fliegen. Nun lief der Motor mit Nachstellen der Düsennadel einwandfrei. Die Stinson begeisterte auch Stefan, der auf Anhieb mit ihr zurecht kam. Der blubbernde Zweitakter rundete das Bild des bulligen Fliegers mit dem Knick an der Flügeloberseite ab. Bereist Halbgas reicht für den Flug völlig aus. Nach 10 Minuten muss dann der Spaß zum Nachtanken unterbrochen werden, dann hat sich der Motor mal eben fast 500 ml Sprit eingezogen.
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