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Karikatur von Klaus Heilmann, www.kunstmalstudio.de |
Ich liege an einem weißen Strand der Karibik, das leise
Rauschen der Wellen wirkt so herrlich entspannend. Die Palmen spenden einen
angenehmen Schatten vor der Sonne, die mit gemeinsam mit ein paar Wolken am
blauen Himmel die Idylle abrundet. Das ist wahres Leben. Meine Gedanken
schweifen ab, voller Dankbarkeit denke ich an Diejenigen, die mir das ermöglicht
haben: Die Modellbauindustrie!
Nachdem der erste Testbericht eigentlich nur aus Spaß an der
Freud veröffentlicht war, wurde mir im wahrsten Sinne des Wortes der Hobbyraum
eingelaufen. Vertreter verschiedener Firmen präsentierten mir ihre Neuerscheinungen,
zeigten sich ungeheuer spendabel. Das Geld für das erforderliche Zubehör fehlt
Ihnen momentan? Kein Problem, wir legen sicherheitshalber noch ein paar Teile
extra hinzu. Ihre Werkstatt könnte neu eingerichtet werden? Bitte schicken Sie
uns eine komplette Liste all dessen, was sie brauchen. Ihnen fehlt die Zeit zum
Bauen? Sie bekommen einen persönlichen Referenten, der Ihnen das abnimmt und
notfalls auch die richtigen Formulierungen für den Testbericht findet, damit
die Produkte immer positiv dargestellt werden. Sie sehen abgespannt aus,
vielleicht sollten sie einmal einen längeren Urlaub machen. Wie wär´s in der
Karibik?
All die Neider aus den Foren, die sich die Mäuler darüber
zerreißen, wie Testberichte entstehen, haben ja gar keine Ahnung! Es ist ja
alles noch viel besser! Ganz zu schweigen von den unvorstellbaren Honoraren,
die ich neuerdings vom Verlag für die Testberichte erhalte. Sich einen Porsche
leisten zu können, heißt üblicherweise, man hat finanziell den Durchbruch
geschafft. Ich habe selbstverständlich gleich zwei davon, denn meine Frau
brauchte ohne Frage einen eigenen. Wir wohnen übrigens jetzt in einer Villa,
natürlich schuldenfrei. Das erst vor ein paar Jahren neu gebaute Haus erschien
mir ohnehin immer zu klein. Und wenn mir danach ist, dann lasse ich halt
fliegen auf dem eigens im Garten angelegten Flugplatz. Man ist ja immer
bescheiden und gönnt sich ja sonst nichts. Über Geld spricht man nicht, das hat
man!
Nach all dem Stress liege ich nun hier im Paradies, die
Vertreter der Modellbauindustrie haben ja ein so feines Gespür dafür, was ein
derart geplagter Flugmodellbauer am dringendsten benötigt. Und deshalb genieße
ich die Früchte meiner ach so schweren Arbeit in vollen Zügen.
Mir wurde sogar eigens eine Dame zur persönlichen Unterhaltung
zugeteilt. Gerade bringt sie mir leicht bekleidet einen Cuba Libre. Sie wurde
angehalten, mir jeden Wunsch zu erfüllen. Und wenn ich es mir so recht
überlege, ich hätte da gerade einen…
„Wann gedenkt der Herr denn endlich die Wohnung zu saugen?“
Ich schrecke jäh auf. Äh, wie jetzt? Was ist das denn?
„Sitzt du schon wieder vor dem Computer und bist nur am
Schreiben? Nie hilfst Du mir im Haushalt, immer muss ich hier alles alleine
machen.“
„Schatz, ich habe noch einen Kolumnenbeitrag zu schreiben,
zwei Minuten, dann bin ich fertig!“
„Zwei Minuten? Das sagst du mir jedes Mal. Entweder hockst
du stundenlang in deiner Bastelbude und baust irgendwelches Spielzeug zusammen,
das sowieso nicht funktioniert und nur viel Geld kostet oder du drückst dir
deine fünf Buchstaben vor dem Computer platt. Los jetzt, bewege dich, ich
möchte heute mal früher Feierabend von der ganzen Hausarbeit haben.“
„Ja, ich komme ja schon!“
Beim Schreiben lässt die Phantasie die Welt um mich herum
versinken. Der Ruf der Realität trifft mich dann doppelt hart. Und außerdem
sollte ich mal wieder einen Testbericht schreiben. In der Modellbaukasse ist
glücklicherweise noch etwas Geld. Vielleicht schaffe ich es ja nach der
Hausarbeit, neue Produkte zu finden, die nicht gerade ein Anderer auch testen
will und dabei von der Karibik träumt.